Schondorf, mehr braucht man nicht!

Böse Zunge behaupten immer wieder, das Netzwerk ehemaliger Schüler aus elitär verschrienen Internaten hielten das ganze Leben lang.

Ich will hier ein Geheimnis verraten: diese bösen Zungen haben Recht.

Mir ist das bisher zwei Mal passiert und das kam so:

Meine Nichte Johannetta, die auch in Schondorf war, hatte eine Freundin, Marie Therese, die sie einmal übers Wochenende mit nach Hause nach Abensberg nahm.

Deren Vater, Altlandheimer, fragte Johannetta nach ihren Onkels aus und danach bekam ich einen Anruf von Anton Schmid. Ich erinnerte mich seiner als Beleuchtungswart auf der Bühne. Ich war Frosch und musste bei der Aufführung von Carls Orffs „Comoedia de Christi Resurrectione“ als Engel „Silete, silete, silentium habete“ singen. All das ausgeleuchtet von der Expertise des Beleuchtungswartes Anton, vor dem ich allein schon deshalb einen Heidenrespekt hatte, weil er in der zehnten Klasse war und ich in sechsten. Dass er mich in der Kanzlei in Palma anrief, war sozusagen ein später Ritterschlag. Er sei Vorsitzender eines international tätigen Anwaltsnetzwerkes und ob ich da nicht mitmachen wolle. Na klar, sagte ich und wurde zur Mitgliederversammlung nach Stuttgart eingeladen, wo man mich und unsere Kanzlei ohne Weiteres aufnahm. Später stellte ich fest, dass eigentlich ein ziemlich kompliziertes Aufnahmeverfahren üblich war, wobei es in erster Linie auf die Prüfung der Kompetenz ankam.

Das war bei mir nicht nötig, klar, denn ich ja Schondorfer.

Ich habe die Mitgliedschaft bei DIRO sehr genossen, die Versammlungen fanden in den wichtigsten Städten Europas statt, wohin ich steuerbegünstigt reiste. Darüber hinaus bekam ich ein Nebenmandat in der Flow Tex Pleite, das mir die Verwaltung einer Riesenvilla auf Ibiza während sieben Jahren bescherte.

Ich fand, damit wären eigentlich alle Ohrfeigen vom Froschwart, Schocks wegen unverdient eingefangener 6er sowie Liebeskümmernisse abgegolten.

Dann aber hängte ich die Anwaltstoga an den Nagel und begann prompt, mich zu langweilen. Noch dazu begann die Pandemie und ich dachte, jetzt sei es an der Zeit, ein Buch zu schreiben. Irgendwie wurde das zähflüssig und ich fragte nach einer Literaturagentur, die mir helfen könnte. Bescheiden, ja unterwürfig, schrieb ich an die Agentur Kolf und bat um Unterstützung. Die e-mail war noch nicht richtig raus, da bekam ich eine Antwort: „Hans, stell Dich doch nicht so an, ich war doch mit Deiner Schwester in Schondorf auf der Bude.“ Das genügte! Das genügte sogar, obwohl Lianne ziemlich bald von der Schule geflogen war. Das Übliche: Sie war beim Rauchen oder Knutschen erwischt worden, beides war in der Augen der Bäh, der Frau vom Boss, gleichwertig toxisch.

Ob ich schreiben kann, wurde überhaupt nicht geprüft, ich war ja Schondorfer. Als ich nach einigen Monaten das Manuskript abgab, meinte Lianne: „Wir haben nicht gedacht, dass Du so gut schreiben kannst.“ Ein durchaus zweischneidiges Kompliment.

Unterdessen ist aus dem einen Buch eine Trilogie geworden. Der erste Band wird im Februar erscheinen. Vielleicht mach ich eine Lesung im Vortragssaal. Mal sehn.

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